Ein Blick hinter Mauern – und über den Tellerrand

Unsere Auszubildende Wiktoria Marczuk war bei der Besichtigung der JVA Rohrbach dabei

Schild mit der Aufschrift "JVA Rohrbach" vor ummauerten Gelände

Für die Öffentlichkeit ist der Alltag in einer Justizvollzugsanstalt (JVA) eigentlich unsichtbar. Für mich – Auszubildende bei der Unfallkasse Rheinland-Pfalz (UK RLP) – öffneten sich aber jetzt die schweren Türen. Gemeinsam mit Markus Schulte, Aufsichtsperson der UK RLP, durfte ich einen Tag lang hinter die Kulissen der JVA Rohrbach in Wöllstein blicken. Was bedeutet es, Verantwortliche für eine Einrichtung zu beraten, in der Freiheit nicht selbstverständlich ist? Wie sieht der Alltag für Mitarbeitende und Inhaftierte aus? Und welche Rolle spielt die Aufsicht dabei? In diesem Artikel nehme ich Sie mit auf meinen Weg durch die Gittertüren, durch Gespräche und neue Perspektiven. 

Die Justizvollzugsanstalten werden regelmäßig im Rahmen des Arbeitsschutzes besichtigt – idealerweise alle fünf Jahre. Dieses Intervall lässt sich jedoch nicht immer einhalten – heute ist es aber so weit. Als wir ankommen, stehen wir vor meterhohen Mauern und können nicht sehen, was uns dahinter erwartet. Bevor wir eintreten dürfen, müssen wir am Eingang unsere Personalausweise abgeben. Unsere Handys müssen draußen bleiben. Nach einer Einlasskontrolle werden wir von der Fachkraft für Arbeitssicherheit der JVA empfangen.

 

Arbeitsschutz am Arbeitsplatz im Blick

Wir passieren viele verschlossene Türen und einen Hof, bis wir schließlich im Bürogebäude ankommen. Dort treffen wir im Besprechungsraum auf die Dezernentin in der Anstaltsleitung, die für den Arbeitsschutz zuständig ist. Markus Schulte führt mit beiden ein Beratungsgespräch über den Arbeitsschutz am Arbeitsplatz – sowohl für die Beschäftigten als auch für die Gefangenen. Die beiden Mitarbeitenden freuen sich über die Unterstützung. So ergeht es Markus Schulte meistens bei seinen Unternehmensbesuchen. Seine Beratung im Bereich des Arbeitsschutzes ist willkommen. Häufig dienen seine Maßnahmen sogar als Grundlage, um gegenüber Vermietern notwendige Instandsetzungsarbeiten anzustoßen.

Nach dem Gespräch beginnt die Besichtigung. Wir schauen uns die Arbeitsplätze der Gefangenen an. Die Arbeitsräume sind sehr große Hallen. Im ersten Raum findet eine Arbeitstherapie für Frauen statt. Dort können sie nähen, knüpfen und basteln. In der zweiten Halle arbeiten die Gefangenen für einen Unternehmerbetrieb: Sie verpacken dort Teile, die täglich per LKW abgeholt werden. In der dritten Halle ist es normalerweise sehr laut, daher darf man sie nur mit Gehörschutz betreten. Damit die Besichtigung für uns angenehmer ist, stoppen die Gefangenen ihre Arbeit. Sie arbeiten dort mit sehr lauten Maschinen und schweren Metallteilen, diese werden unter anderem durch die Maschinen gezählt. 

In den Hallen arbeiten in der Regel Justizvollzugsbedienstete, die eine entsprechende Ausbildung absolviert haben. Sie leiten die Inhaftierten an und begleiten sie während ihrer Arbeit. Während der Begehung fühlen wir uns sicher. Wir werden stets von geschultem Personal begleitet, das in jeder Situation eingreifen könnte.

 

Nicht jeder Gefangene darf arbeiten

Die Inhaftierten dürfen sich innerhalb ihrer Arbeitshalle frei bewegen. In den Gefängnissen in Rheinland-Pfalz gibt es keine Arbeitspflicht für Gefangene mehr. Daher können sie selbst entscheiden, ob sie arbeiten möchten. Wenn sie in einem Arbeitsbereich eingesetzt werden, müssen sie den Anweisungen der Werkstattleitungen Folge leisten und die ihnen zugewiesenen Tätigkeiten ausführen. Allerdings darf nicht jeder Gefangene arbeiten – einerseits, weil nicht alle dafür geeignet sind, andererseits, weil es nicht genügend Arbeitsplätze gibt. Zudem dürfen Gefangene nur nach fachlicher Unterweisung und Einarbeitung tätig werden. Von rund 400 Gefangenen finden etwa 150 eine Beschäftigung in der JVA Rohrbach.

Wir besichtigen außerdem die Schlosserei, Schreinerei und die Malerei der JVA. Auch diese Werkstätten werden von ausgebildetem Fachpersonal betreut. Während der Besichtigung achtet Markus Schulte sorgfältig auf alle möglichen Unfallgefahren, wie die Lagerung von Gefahrstoffen, abgedeckte Steckdosen und Stolper- oder Sturzrisiken. Er vergewissert sich auch, ob aktuelle Erste-Hilfe-Informationen und vorhandene Betriebsanweisungen ausgehängt sind.

Anschließend schauen wir noch die Fahrzeughalle an. In einem Bereich stehen die Dienstfahrzeuge der Justiz. Der andere Teil ist abgesichert: Die Regale sind auf der Rückseite mit einem Netz versehen, damit die in den Regalen aufgestellten Maschinen nicht auf die Fahrzeuge fallen können. Auch verschiedene Geräte wie Rasenmäher oder Hochdruckreiniger werden in diesem Teil der Halle gelagert. Zum Schluss dürfen wir uns noch einen Haftraum ansehen. Die Zelle ist klein und eng: Eine Toilette, ein Waschbecken, ein Regal und ein einfacher „Schreibtisch“ – eine an der Wand befestigte Platte – sowie ein Metallgestell, das als Bett dient.

 

Ziel: Sichere und gesunde Arbeitsbedingungen

Neben den Justizvollzugsanstalten besucht Markus Schulte auch Dienststellen der Polizei Rheinland-Pfalz, Sparkassen, Theater mit eigenem Ensemble, Orchester, Finanzbehörden, Betriebe des Bezirksverbands der Pfalz sowie Eigenbetriebe des Landes. Er empfindet seinen Beruf als etwas Besonderes: eine Art Unternehmensberatung für Verantwortliche für den gesamten Betrieb. Sein Ziel ist es, Beschäftigten zu helfen, unter sicheren und gesunden Bedingungen zu arbeiten – und das möglichst bis zum Ende ihres Berufslebens. 

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