
Im Einsatz für die Anderen
Berufsfeuerwehrmann: Ein erfüllter Kindheitstraum

Diesen Rettungseinsatz wird Jan W. aus dem Rhein-Lahn-Kreis nicht vergessen: Als der Feuerwehrmann und ein Feuerwehrkollege im Oktober zu einer Wohnhausexplosion ausrückten, erwartete sie am Unglückort ein Bild des Grauens: Mitten in den Trümmern lag blutüberströmt und ohne Bewusstsein ein Hausbewohner. Die beiden Wehrkameraden waren die ersten von zeitweise 180 Einsatzkräften, die an der Unglücksstelle eintrafen. Sie riskierten Leib und Leben, um den schwerverletzten Bewohner – auf einer abgerissenen Kühlschranktür – zu bergen.
Ein langer Weg
Mit seinem Beruf als Feuerwehrmann hat sich der 24-Jährige einen Kindheitstraum erfüllt. Seit seinem zehnten Lebensjahr ist er bei der Feuerwehr aktiv. Gestartet in der Jugendfeuerwehr, über das ehrenamtliche Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr ist er heute Vollprofi. Der Weg war kein leichter. So hat er sich nach einer Ausbildung zum Tischler im Bundesfreiwilligendienst engagiert. Es folgte seine erste Bewerbung um eine Stelle als Berufsfeuerwehrmann. 25 Stück waren es an der Zahl, bis es endlich geklappt hat. Doch mit dem Vorstellungsgespräch waren längst nicht alle Hürden überwunden. Die Prüfungsverfahren bei der Feuerwehr sind umfassend und vielseitig, die Theorie- und Praxisübungen haben es in sich.
Seine Fitness und theoretischen Kenntnisse wurden intensiv auf die Probe gestellt. Die persönliche langjährige Erfahrung bei der Brandbekämpfung kamen ihm zugute. Nach den ersten vier Dienstjahren bei der Berufsfeuerwehr der Domstadt Köln ist Jan nun in seine Heimat zurückgekehrt und bei der Berufsfeuerwehr in Koblenz tätig. Auch hier heißt es: immer am Ball bleiben. Neben dem ständigen Fitnesstraining absolviert er Schulungen und Fortbildungen, um stets auf dem neuesten Stand der Technik und Theorie zu sein. „Feuerwehr ist wie das Zubereiten einer Mahlzeit“, sagt er. „Die Grundzutaten sind gleich, doch die Feinheiten variieren. Jede Feuerwehr arbeitet anders.“ So gebe es in jeder Feuerwehr ähnliches und teils anderes Gerät. Ebenso unterscheiden sich Abläufe.
Belastungen im Beruf
Psychisch belastende Einsätze sind heute zum Glück eine Seltenheit, dennoch kommen sie sporadisch immer wieder vor. Bei Jan W. war es ein bestimmter Einsatz, der ihm besonders im Gedächtnis geblieben ist. Nicht, weil die Umstände außergewöhnlich gewesen wären. Eher deswegen, weil eine Verwechslung ihn persönlich berührt hat. Es handelte sich um einen Verkehrsunfall. Ein Kleinwagen wurde von einem Lkw erfasst. Der Fahrer des Kleinwagens saß noch im Auto, während Feuerzungen das Fahrzeug bereits erfassten. Der Schockmoment für Jan: Modell und Farbe des Fahrzeugs sind die gleichen wie die des Fahrzeugs seines besten Freundes. „Da stockt man kurz und versucht die Gefühle, die in einem hochkommen zuzuordnen. Ich bin kurz in eine Art Schockstarre verfallen“, erinnert er sich. „Trotz aller Umstände gilt es in solchen Einsätzen, einen kühlen Kopf zu bewahren.“
Den beweist Jan W. besonders bei dem Einsatz im Oktober 2020, als in seinem Heimatort im Rhein-Lahn-Kreis ein Wohnhaus an der Hauptstraße explodierte. Als er und ein weiterer Kollege der Freiwilligen Feuerwehr, bei der der 24-Jährige ebenfalls aktiv ist, vor Ort eintreffen, ist noch unklar, warum das Wohnhaus explodiert ist. Jan widersteht seinem Instinkt, loszulaufen und zu helfen, als er einen Menschen durch die weggesprengten Wände blutüberströmt im Gebäude liegen sieht. „Man muss die Gefahrensituation erst scannen und einordnen“, weiß er. Leichter gesagt als getan.
Die zwei Feuerwehrmänner betreten das Wohnhaus und improvisieren. Eine abgerissene Kühlschranktür dient als Trage, um den Verletzen aus den Überresten zu transportieren. Dass zu diesem Zeitpunkt offene Propangasflaschen im Keller stehen, wusste Jan nicht. „Die Gefahren werden einem erst im Nachgang bewusst. Auch als ich beim Verlassen des Hauses sah, dass das ganze Gebäude lediglich vom Kühlschrank getragen wird, musste ich schlucken.“ Daher sei Selbstreflexion im Nachgang auch so wichtig. Aber nicht nur die Selbstwahrnehmung spielt hier eine wichtige Rolle. Auch die gemeinsamen Gespräche mit Kameradinnen und Kameraden helfen wesentlich bei der Verarbeitung derartiger Situationen. Die Einsatznachbesprechung diene nicht nur dem Zweck, technische und praktische Erfahrungen zu sammeln, sondern auch der gemeinsamen Verarbeitung des Erlebten. „Manchmal denke ich schon darüber nach, was hätte passieren können. Egal darf es mir in keinem Fall sein. Aber am Ende des Tages komme ich wieder zur Ruhe.“ Das habe auch mit seiner langen Erfahrung zu tun. Zu Beginn seiner Feuerwehrkarriere sei es ihm schwerer gefallen, solche Geschehnisse zu verarbeiten.

Kommunikation als Selbstfürsorge
„In jedem Fall hilfreich ist der Austausch. Im Beruflichen als auch im Privaten. Mit der Familie und den Freunden!“ Das weiß Jan W. aus Erfahrung. Seinen Angehörigen bereitet die Ausübung seines Berufs keine Sorgen. Sie blicken eher mit Neugierde auf seinen Einsatz als Berufsfeuerwehrmann. Sie wissen, dass er seine Profession von der Pike auf gelernt hat, gewissenhaft ausübt und beherrscht. Er selbst sagt mit Blick auf mögliche eigene Verletzungen in der Zukunft: „Angst davor habe ich nicht. Angst ist in dem Fall auch das falsche Wort.“ Ein gesunder Respekt sei wichtig. Eben um sich in heiklen Situationen auch selbst zu bremsen und nicht unmittelbar instinktiv zu handeln. Und wenn er mal auf Hilfe angewiesen ist, dann werde er sie selbstverständlich auch in Anspruch nehmen. Insbesondere bei psychischen Belastungen durch Erlebtes. Wenn man Bauchschmerzen habe, dann gehe man ja auch zum Arzt, warum sollte das bei psychischen Belastungen anders sein. „Für mich gibt es da keinen Unterschied“, sagt Jan.
Jan, erzähl doch mal ....
"Nach dem Einsatz ist vor dem Einsatz" - Was bedeutet das für dich?
Wie geht ihr mit psychisch belastenden Einsätzen um?
Würdest du sagen, dass jeder Einsatz abhärtet?
Unterstützungsangebote der UK RLP
Nicht nur bei solchen Einsätzen ist die Gefahr für die Einsatzkräfte der Feuerwehr allgegenwärtig. Viel Erlebtes muss zunächst verarbeitet werden. Hier möchten wir Sie gerne unterstützen:
Unter dem Titel „Psychosoziale Notfallversorgung für Feuerwehren“ gibt die gesetzliche Unfallversicherung jetzt einen Leitfaden (DGUV-Info 205-038) heraus. Er dient Einsatzkräften als Hilfe, Gefährdungen für die Psyche zu erkennen, und informiert über unterstützende Maßnahmen.
In einem Erfahrungsaustausch für Feuerwehrangehörige unter dem Titel "Belastende Einsätze im Feuerwehrdienst" bietet die Unfallkasse Rheinland-Pfalz eine kleine vertrauliche Gesprächsrunde gemeinsam mit weiteren Einsatzkräften an. Im neutralen Umfeld der UK RLP erhalten Sie Anregungen zur seelischen Stärkung und erfahren weitere Unterstützungsmöglichkeiten. Sie haben Interesse an einer Teilnahme, evtl. auch digital?
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