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Unfallkasse Rheinland-Pfalz | Sabrina Busch: Erkenntnisse einer naiven Bauherrin


Sabrina Busch: Erkenntnisse einer naiven Bauherrin

Wir lieben unser Haus, und ein großer Vorteil ist, dass die Wohnfläche bereits zu unserem Einzug relativ barrierefrei war. Sogar das Bad war mit einer ebenerdigen Dusche ausgestattet. Da die Unfallkasse Rheinland-Pfalz den Kauf eines barrierefreien Eigenheims fördert, war dennoch von vornherein klar, dass das Bad vergrößert und den entsprechenden Vorgaben angepasst werden musste. Diese Umbaumaßnahmen werden auf der Basis verschiedener Regularien ebenso durch die UK RLP unterstützt. Das Ziel ist es, einen Raum zu schaffen, in dem die Versicherten zur jetzigen, aber auch in zukünftigen Zeiten zurechtkommen können.

Einige Maße sind somit bereits vorgegeben, wie z. B. die Größe der Dusche (150 mal 150 Zentimeter) und die Breite der Tür (101 Zentimeter), jedoch bleiben auch viele weitere Aspekte wie die Höhe des unterfahrbaren Waschtischs etc. individuell anzupassen. Erst mit der Zeit wurde mir bewusst, wie viele Entscheidungen ich während der Planung treffen musste. Mit dem Badumbau wollte ich auch meine eigenen Vorstellungen umsetzen und hatte somit einen Eigenanteil einkalkuliert. Vollkommen unterschätzt hatte ich jedoch das überwältigende Sortiment in Fliesengeschäften sowie der Sanitärausstellung. Selbst der Koffer mitsamt aller verfügbaren Lichtschalter- und Steckdosenverkleidungen hatte drei Lagen.

 

Folgende Erkenntnisse gewann ich im Lauf des Umbaus dazu:

  1. Konkrete Angaben bereithalten für Besuche in Fliesen- und Sanitärausstellungen
  2. Ruhe bewahren
  3. Zweimal messen, einmal schneiden
  4. Funktionale Accessoires schaffen barrierefreie Lösungen
  5. Die Bauleitung, wenn möglich, abgeben

 

 

Die erste Erkenntnis: Konkrete Angaben bereithalten für Besuche in Fliesen- und Sanitärausstellungen

Im Fliesengeschäft wurde ich an 30 sandfarbenen Fliesen in fast nicht wahrnehmbaren Nuancen mit unterschiedlichen Strukturen und in diversen Größenausfertigungen vorbeigeführt, und nach einem 300-seitigen Katalog mit Waschbecken schwirrten mir vor dem Einschlafen noch immer die weißen Porzellanschüsseln vor Augen. Beide Erfahrungen erinnern an einen Trip in die Parfümerie, in der man an drei Parfümstäbchen schnuppert und danach alles gleich, komisch oder gar nicht mehr riecht.

Ich wusste, dass ein Becken mit erhöhtem Rand für mich gut funktioniert, außerdem bevorzuge ich eigentlich immer runde Formen gegenüber eckigen. Ein schwenkbarer Wasserhahn mit einem längeren Hebel erleichtert das An- und Ausstellen und ist gleichzeitig flexibel einzustellen, je nachdem, wie man heranreicht. Die Fliesenleger legten mir dann für die Größe des Bads bestimmte Maße für Wand- und Bodenfliesen zu Herzen.

Diese Eckdaten hätten mir in der Ausstellung schon sehr geholfen, um das Angebot einzugrenzen.

 

Die zweite Erkenntnis: Ruhe bewahren

Im Job meines Freundes gilt die folgende Regel: Nimm deine beste Einschätzung, wie lange ein Projekt dauern wird, und multipliziere sie mit drei. Ich bin mit meinen sieben Sachen und der Vorstellung, in fünf Wochen wieder in meinem regulären Schlafzimmer sein zu können, ins Gästezimmer gezogen. Drei Monate später war mein Umzug in greifbarer Nähe. Es ist erstaunlich, wie akkurat diese Formel ist, und ich hätte mich besser darauf eingestellt, insbesondere in Zeiten von Handwerkermangel und Lieferengpässen.

Außerdem habe ich unterschätzt, wie dreckig eine Baustelle im Haus werden kann. Trotz Baustaubschutzwand ist es unvermeidlich, dass sich feiner Staub im Flur niederlässt, über Schuhe und Arbeitsklamotten herumgetragen wird. Oder dass mein angrenzendes Schlafzimmer als Baumaterialiendepot herhalten musste etc. Der Titel heißt nicht umsonst: Erkenntnisse einer naiven Bauherrin.

Ich hörte Baustaubschutzwand und dachte, kein einziges Staubkorn wird diese Baustelle verlassen. Für mich als Rollstuhlfahrerin doppelt schwierig, denn wenn ich durch den Flur zum Bad musste, um Entscheidungen zu treffen, mir den Fortschritt anzuschauen oder auch einfach nur eine Tasse Kaffee zu bringen, blieb der besagte Baustaub an meinen Rädern haften und folgte mir auf Schritt und Tritt bzw. Schub und Stoß. Das verlangte mir doch die eine oder andere Umstellung ab. Es war jetzt für diesen Zeitraum insgesamt etwas staubiger. Das lässt sich aber auch viel einfacher im Nachhinein sagen und akzeptieren.

 

Die dritte Erkenntnis: Zweimal messen, einmal schneiden

In meinem Fall: Zehnmal messen, einmal schneiden. Aufgrund der verschiedenen Miet- oder Ferienwohnungen sowie Hotelzimmer der vergangenen Jahre hatte ich mir zum Ziel gesetzt, ALLE Aspekte, die mich dort gestört hatten, in meinem eigenen Bad zu optimieren. Eine grobe Vorstellung, was sich für mich als hilfreiche Ausstattung im Bad erweisen würde, hatte ich bereits. Eine beheizte Duschbank, ein unterfahrbarer Waschtisch, ein niedrig angebrachter Spiegel. Ich hatte aber bislang noch nie ausgemessen, welche Sitzhöhe ich habe oder auf welcher Höhe Armaturen und Handbrause am praktischsten sind. Das Maßband, der Plan und ein Stift waren also über längere Zeit meine stetige Begleitung.

Um die Maße herauszufinden, habe ich meine Sitzhöhe barfuß ausgemessen. Ich habe außerdem im Blick gehalten, dass der Unterschied zu meiner Sitzhöhe zum Rollstuhl nicht zu groß wird, damit der Rücktransfer nicht zu anstrengend wird. So habe ich dann auch die Maße für Handbrause und Armatur bestimmt. Die Armatur funktioniert per Druckknopf und ist aufgrund einer genauen Mischanlage leicht auf die gewünschte Temperatur einzustellen; sie ist jetzt seitlich in der Nische platziert, sodass ich sie nicht im Rücken habe oder mich umständlich umdrehen muss.

Das Waschbecken muss für mich als Rollstuhlfahrerin unterfahrbar sein. Hier habe ich beim Messen darauf geachtet, die Höhe meiner Knie im Rollstuhl festzustellen, während ich Schuhe anhabe, 2 bis 5 Zentimeter können da wirklich den Unterschied machen. Außerdem habe ich ausgemessen, auf welcher Höhe das Waschbecken günstig ist, dabei habe ich immer den Beckenoberrand mit einkalkuliert. Damit ich eine Ablagefläche für Kleidung oder Utensilien habe, steht das Waschbecken auf einer freischwebenden Platte, sodass ich Kleidung und Utensilien in Reichweite ablegen kann. Die Dicke der Platte musste somit natürlich auch noch mit eingeplant werden.

Von Seiten der Unfallkasse wurde mir ein Dusch-WC vorgeschlagen, von dem mehrere Versicherte in den letzten Jahren Positives berichtet hatten. Diverse Waschfunktionen sind in die Toilettenschüssel integriert, erleichtern somit Hygienevorgänge und sparen Zeit und Energie. Auch hier kamen mir meine Messungen zur Sitzhöhe, die ich ja schon für die Bank getätigt hatte, zugute.

 

Vierte Erkenntnis: Funktionale Accessoires schaffen barrierefreie Lösungen

Als der Badumbau abgeschlossen war, habe ich nach eigenen Lösungen für bestimmte Probleme gesucht. Diese Extras habe ich auch aus meinem Eigenanteil finanziert. Dadurch, dass ich keine Unterschränke habe, muss ich zum Beispiel auf andere Stauraummöglichkeiten zurückgreifen. Am praktischsten finde ich Körbe, in denen ich zum Beispiel Handtücher aufgerollt verstauen kann. Ich kann die Körbe auf den Schoß nehmen, um sie leichter ein- oder aufzuräumen. Spiegelschränke funktionieren für mich nicht – entweder, ich kann die Türen nicht öffnen, weil der Spiegel direkt hinter dem Wasserhahn angebracht ist, damit ich mich darin sehen kann, oder er hängt zu hoch und ich erreiche nur das unterste Regal und sehe nur meinen Haaransatz. Meinen Spiegel habe ich also direkt am Waschtisch anbringen lassen, sodass er die richtige Höhe für mich hat. Um den fehlenden Stauraum auszugleichen, habe ich einen rollenden Beiwagen angeschafft, und eine Vitrine beinhaltet alles, was ich nicht tagtäglich brauche. Außerdem habe ich einen kleinen Hocker als zusätzliche Ablagefläche integriert.

Abläufe und Routinen können sich ändern oder müssen angepasst werden, daher mag ich flexible Accessoires wie den Beistellwagen mit Rollen oder auch eine WC-Garnitur, die ich so positionieren kann, wie es am besten passt.

 

Letzte Erkenntnis: Die Bauleitung, wenn möglich, abgeben

Es war eine sehr große Hilfe, einen Bauleiter zu haben, der die Kommunikation und Terminierung mit den Handwerkern übernommen hat. Das alles zusätzlich selbst zu übernehmen, wäre ein sehr großer Stressfaktor gewesen und hätte das Projekt sicherlich in die Länge gezogen.

Jeder Raum in meinem Haus muss funktional sein, damit ich meinen Alltag so barrierefrei wie möglich gestalten kann. Bei dem Design von barrierefreien Hilfsmitteln wird die Ästhetik oft hintenangestellt, und ich bin immer froh, wenn ich dann doch dekorative Lösungen finde. Den Wohlfühlfaktor, den ich anfangs angepeilt habe, konnte ich nach vielen Internetrecherchen und wochenlangem Ausschauhalten nach den richtigen Accessoires umsetzen.


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